Kommentierung zu den wirtschaftlichen Gesichtspunkten des Rechtsstreits TH./.Mannheimer
Nach unseren Erfahrungen kalkulieren die Betriebswirte der Versicherer wie folgt:
Die Neue Osnabrücker Zeitung beschreibt die Vorgehensweise der Fachanwälte in ihrem Artikel vom 29.12.2017 "Osnabrücker Juwelier gewinnt Rechtsstreit mit Versicherung" wie folgt:
"Immer wieder hatten deren Anwälte im Laufe des Prozesses die Vorlage neuer Dokumente gefordert. Zwischenzeitlich äußerte die Beklagtenseite Zweifel am Schadensumfang und dem eigentlichen Versicherungsfall, untermauerte diese Behauptungen jedoch nicht."
Wir spielen die einzelnen Szenarien unter kaufmännischer Betrachtung durch:
Szenario 1: Wäre der Mannheimer die Leistungsfreiheit geglückt hätte sie 0,- € zahlen müssen.
Szenario 2: Auf Grund von Sachunkenntnis der Versicherungsnehmer, Versicherungsmakler und auch Anwälten kann es vorkommen, dass den Fachanwälten des Versicherer ein Vergleich, durch falsche Auslegung der Vertragsinhalte, gelingt. Zum Beispiel durch eines falsch berechneten Unterversicherungsabzug. Ist eine Entschädigungsgrenze wie in diesem Fall vereinbart, wäre der Abzug für die Unterversicherung richtiger weise von der Versicherungssumme abzuziehen und nicht fälschlicher weise von der Entschädigungsgrenze. Auch wenn dies in dieser Auseinandersetzung nicht zur Diskussion stand, so wollen wir dennoch daraufhinweisen, dass dann an den Geschädigten vermutlich 60.000,- € gezahlt worden wäre und somit die Schadensleistung sich um 47.000,- € reduziert hätte.
Szenario 3: Nach Auskunft des Klägers soll die Mannheimer in der letzten Gerichtsverhandlung, als ihr bewusst sein musste, dass sie den Fall verliert, dem VN 75.000,- € als Vergleich angeboten haben. Hierzu sei erwähnt, dass nicht jeder Richter gerne ein Urteil von 26 Seiten schreibt. Gerade wenn es dann nicht um eine „Erstrisikoentschädigungsgrenze“ handelt, kann es durchaus den Anwälten der Mannheimer gelingen „Unklarheiten“ zu finden und damit die Geschädigten in einen Vergleich zu drücken. Oft sind Anwälte der Geschädigten dann deren Verbündete, weil durch den Vergleich sie weniger Arbeit haben und eine Vergleichsgebühr kassieren. In diesem Fall hätte der Versicherer schätzungsweise 32.000,- € gespart.
Szenario 4: Sollte es doch vorkommen, dass ein Geschädigter, wie hier der Osnabrücker Juwelier, mit seinem Anwalt aufrecht bis zum Ende steht, dann betragen die zusätzlichen Rechtsstreitkosten gemäß RVG ca. 14.500,-€.
Fazit: Die Betriebswirte der Versicherer werden bei ihrer Betrachtung dieser Szenarien, bezogen auf alle Schäden, in ihrer Kostenrechnung schnell zu dem Ergebnis gelangen, dass es sich nicht lohnt, unter diesen Gesichtspunkten eine eigene qualifiziert hochwertige Schadensabteilung vorzuhalten. Unter diesen Hintergrund wird befürchtet, dass es Versicherer geben soll, die über keinerlei Versicherungs- und Schadensmanagement mehr verfügen, dieses vielmehr mit dem Auftrag - haltet mir den Schaden und die Haftung vom Leibe -, nach heftigen Briefverkehr und heftiger Papierproduktion an ihren außerbetrieblichen anwaltlichen Vertreter abgeben.
Ausblick: Es ist eine Trendwende erkennbar. Verantwortliche bei Versicherern begreifen, dass durch diese Standardisierungen die Versicherungsprodukte sich nur noch über den Preis unterscheiden lassen. Mit Preiskonkurrenz lässt sich nun mal kein Geld verdienen. Ein ehemaliger Direktor eines großen Kölner Versicherers bringt es auf den Punkt: "Wenn ihr zukünftig noch Geld verdienen wollt, dann müsst ihr euch von den anderen abgrenzen und was besonderes machen!"
Entwicklung: Mit dieser Erkenntnis könnten sich zukünftig die Versicherungsbetriebswirte gegenüber den reinen betriebswirtschaftlichen Kostenrechnern wieder durchsetzen. Die Versicherungsbetriebswirte sehen ihre Aufgabe im ureigenen Geschäft des Versicherer "Versicherungsschutz". Dies wird dazu führen, dass Gewinnoptimierung nicht mehr durch zuvor aufgeführte Szenarien stattfindet, sondern durch die Qualität des "Versicherungsschutz". Dadurch werden zwar die Versicherungsprämien steigen, aber den Kunden ist dann auch im Schadensfall geholfen.
Folgendes könnte sie auch interessieren: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-136751512.html